Der REBELL Ulm hat beim Antikriegstag am 1. September 2021 einen afghanischen Jugendlichen kennengelernt, der sich bereiterklärt hat, ein Interview über die aktuelle Lage in Afghanistan zu geben:
Wie sieht die Situation der Jugend in Afghanistan aus?
Viele Jugendliche leben nicht mehr in Afghanistan, denn sie haben keine richtige Zukunft dort. Viele sind im Iran, in der Türkei oder sind nach Europa gekommen. Sehr wenige sind in Afghanistan geblieben. Die meisten von ihnen gehen noch in die Schule oder studieren. Aber was machen sie danach? Viele werden Straßenverkäufer. Seit die Taliban das Land regiert, dürfen die Kinder nicht in die Schule gehen. Die Preise sind fast doppelt so hoch, viele sind arbeitslos. Viele sind in die Hauptstadt Kabul geflohen, bevor die Taliban auch dort hin kamen. Die Leute schlafen auf der Straße. Die Taliban sagen, die Frauen sind nicht die Hälfte der Gesellschaft, sie müssen Zuhause bleiben und dürfen nicht arbeiten. Aber wenn Frauen nicht die Hälfte der Gesellschaft sind, was sind sie dann? Die Taliban tun so, als hätten sie sich modernisiert, aber das ist gelogen. Sie haben die gleichen Ideen wie früher. Das machen sie nur, damit sie von der deutschen Regierung anerkannt werden. Die Leute die in der Taliban-Regierung sind Leute, die schon früher Menschen umgebracht haben.
Wie beurteilst du den NATO-Einsatz und die Bundeswehr?
Ich finde es schlecht, dass sie einfach abgehauen sind. Sie wissen genau, wie die Situation dort war. 20 Jahre Einsatz haben nichts gebracht. Wieso sind sie überhaupt gekommen? Alle Frauenrechte wurden sofort abgeschafft. Anstatt Leute mitzunehmen, haben sie Vodka evakuiert. Der ganze Einsatz war verlogen. Sie haben die Rohstoffe mitgenommen und sind gegangen. Sie lügen nur. Die Bundeswehr hat uns 20 Jahre nicht geholfen, das weiß jeder.
Gibt es Widerstand?
Ja, es gibt Demonstrationen in Afghanistan und auch im Iran. Auch Frauen haben eine mutige Demonstration gemacht. Aber der Protest wird auch stark unterdrückt. Wir Afghanen, die hier in Deutschland sind, haben in München eine große Demonstration gemacht. Auch ein paar deutsche Jugendliche waren dabei. Wir können ja nicht von hier aus nach Afghanistan gehen. Bald ist auch eine große Demonstration in Paris. Ich finde, die Taliban sollten nicht anerkannt werden. Die australische Cricket-Mannschaft hat zum Beispiel ein Spiel mit Afghanistan abgesagt, weil die Taliban keine Frauenrechte anerkennen. Die Leute in Afghanistan wollen die Taliban nicht. Wenn jeder Widerstand macht, dann ändert sich was. Man hat aber auch Angst vor der Taliban. Das sind keine Menschen.
Was kann man in Deutschland machen?
Demonstrieren. Keine Regierung sollte die Taliban anerkennen. Man muss auch alle Länder, die sich einmischen, wie zum Beispiel Pakistan kritisieren. Man kann sich auf keine Regierung verlassen, sie haben nur ihre eigenen Ziele im Kopf. Ich finde es gut, sich in Deutschland zu organisieren, aber wir müssen auch mehr werden.